Studie: Immer mehr Akademiker prekär beschäftigt

Akademiker Arbeitsmarkt Eine prekaere
Akademiker Arbeitsmarkt Eine prekaere(c) AP (RONALD ZAK)
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Akademiker sind selten arbeitslos, aber die prekären Beschäftigungs-Verhältnisse sind stark gestiegen. Eine Studie widerspricht der Ansicht, es gebe zu wenig Uni-Absolventen.

Immer weniger Akademiker finden Beschäftigungen, die ihrer Ausbildung entsprechen: Seit 1991 ist der Anteil von 83 auf 73 Prozent gesunken. Auf diese Entwicklung macht eine Studie des Instituts für Bildungsforschung der Wirtschaft aufmerksam. Die Zahl der Beschäftigten mit Hochschulabschluss hat sich seit 1991 mehr als verdoppelt - von rund 198.000 auf circa 450.000. Und der Arbeitsmarkt hat das gestiegene Angebot absorbiert. Allerdings hat die Zahl der "prekären Beschäftigungs-Verhältnisse deutlich zugenommen, vor allem bei Absolventen wirtschaftsferner Studien", sagt Studienautor Arthur Schneeberger.

Für "völlig irrelevant" hält Schneeberger die nach wie vor geringe Zahl der als arbeitslos gemeldeten Akademiker. "Offene Arbeitslosigkeit ist kein quantitativ relevantes Thema, wohl aber adäquate Beschäftigung". Jungakademiker hätten zunehmend Probleme, einen bildungsadäquaten Job zu finden.

Geisteswissenschaftler haben Probleme

Immer weniger Akademiker kommen im öffentlichen Dienst unter, der "Trend" geht eindeutig in Richtung privater Beschäftigung. Waren vor rund 20 Jahren noch 50 Prozent der Akademiker im öffentlichen Sektor tätig, sind es heute nur noch 43 Prozent. "Der Druck zur Aufnahme freiberuflicher Tätigkeit steigt", meinte Schneeberger, vor allem bei Absolventen der Geisteswissenschaften. Das Dasein als Freiberufler ist von manchen gewollt und für manche eine Durchgangsphase. Aber andere würden Freiberufler bleiben, weil sie einfach keine Fixanstellung bekommen könnten, so Schneeberger.

"Kein Akademikermangel"


Einen Akademikermangel hat Schneeberger nicht feststellen können. Anders als in vielen internationalen Studien, die Österreich eine zu geringe Zahl an Akademikern attestieren, ortet er eher ein Problem der Überqualifizierung durch die bisher langen Diplomstudien: "Länder mit Hochschul-Abschlussquoten von 40 bis 50 Prozent haben zwei- bis dreijährige Studien bis zum Erstabschluss, nicht durchschnittlich siebenjährige." Auch im technischen und naturwissenschaftlichen Bereich, wo noch am ehesten ein Akademikermangel festzustellen sei, sei für gerade 30 Prozent der am Arbeitsmarkt geforderten Qualifikationen eine siebenjährige Ausbildung nötig. Der Rest brauche nur HTL-Niveau.

Die Problematik wird sich in den kommenden Jahren noch verschärfen: Derzeit absolvieren 22 Prozent eines Altersjahrgangs ein Hochschulstudium - das Wifo habe aber nur einen Bedarf von zehn Prozent für 2012 errechnet, meinte Schneeberger. Ein erheblicher Teil der Nachfrage nach Höherqualifikationen werde durch die berufsbildenden höheren Schulen (BHS) und andere gehobene Formen der Berufsbildung abgedeckt.

Weitaus mehr Angebote für FH-Absolventen

Schneeberger setzt Jobangebote in Verhältnis zur Zahl der Absolventen. Während jeder Fachhochschulabgänger aus 1,29 Online-Inseraten wählen kann, sind es für Universitätsabgänger nur 0,28. Besser sieht es im internen Uni-Vergleich für die Wirtschaftsstudien aus: Pro Absolvent gibt es immerhin 0,57 Inserate. Die Geistes- und Kulturwissenschaft steht am schlechtesten da: Ein Graduierter trifft auf 0,02 Online-Stellen.

(c) Die Presse / HR

Berufsorientierung in der Schule


Der Leiter der Abteilung Bildungspolitik der Wirtschaftskammer, Michael Landertshammer, forderte die Einführung eines Fachs Berufsorientierung in der Sekundarstufe sowie einer "dritten Säule" hochschulischer Bildung neben Unis und Fachhochschulen. Zielgruppe seien dafür Absolventen einer Lehre bzw. von BMHS, angeboten werden könnte diese an dafür eigens akkreditierten Privatunis, WIFIs oder Anbietern von Lehrgängen universitären Charakters.

(APA/Red./som)

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